Wer das Debut-Album „Mosaik“ von Siriusmo kennt und das Studio des Berliner Musikers betritt, wird mit Sicherheit einige der Gegenstände vom Album-Cover wiedererkennen. Mittlerweile hat er sein zweites Album „Enthusiast“ fertig, welches am 14. Juni erscheint, welches auch in dem kleinen Studioraum entstanden ist. Mittendrin sitzt Moritz, wie er eigentlich heißt, raucht ein paar Selbstgedrehte und ist ein verdammt sympathischer Kerl. (Interview & Fotos: Julius Brodkorb)
Moritz, du bist ja wirklich schon sehr lange dabei, die ersten Siriusmo-Aufnahmen sind auf das Jahr 2000 datiert. Wie hast du überhaupt mit der Musik angefangen?
Ja, ich hatte damals – wie es so üblich ist – in meinem Heimatbezirk zusammen mit meinen Freunden eine Band. Da habe ich Keyboards gespielt und irgendwann Lust bekommen selber Beats zu machen. Die Drums sind ja doch immer das, was einen am meisten pusht.
Spielst du denn selbst Schlagzeug?
Nö. Deswegen habe ich mir auch einen Sampler geholt und versucht das selber zu schnipseln. So ging es los mit dem Elektronischen. Man ist ja von überall beeinflusst und findet dies und das geil und bastelt sich daraus seine eigene Klangwelt zusammen. Ich komme also eher von der Band-Musik als vom DJing.
Außerdem hast du ja auch noch einen zweiten Beruf. Du arbeitest als Maler und machst Graffiti oder wie würdest du das selber beschreiben?
Mittlerweile arbeite ich glücklicherweise mehr mit dem Pinsel, weil Sprühen ja für die Lunge so anstrengend ist. Wenn man zusätzlich noch raucht spürt man schon, wenn man den ganzen Tag mit der Dose gemalt hat. Wenn ich, wie es sich für einen DJ gehört, regelmäßig auflegen würde, wäre ich nicht so abhängig von den anderen Arbeiten. Da es aber nicht so ist, hat sich in den letzten Jahren nicht so viel für mich geändert.
Ist es ein innerer Widerstand deinerseits, dass du so selten auflegst?
Irgendwas in mir drin wird’s sein, aber das ist mir nicht so bewusst. Ich würde mir wünschen, einfach auflegen zu können und mich wohler dabei zu fühlen.
Macht es dir einfach keinen Spaß oder gibt es andere Gründe?
Mit Spaß hat das wenig zu tun, sondern mit Angst, Stress und einer gewissen Panik. Man hat dann einfach nicht mehr so vieles unter Kontrolle. Man kann versuchen, sich das auszureden, aber es klappt in meinem Fall einfach nicht.
Jeder kennt eine gewisse Form von Lampenfieber, aber meistens geht diese erste Aufregung ja irgendwann vorbei und man beruhigt sich währenddessen wieder. Das funktioniert dann bei dir aber nicht?
Ich hab das 2011 probiert und die Anzahl der Auftritte waren für einen normalen DJ lächerlich, für mich aber immer noch extrem viele Auftritte und dabei ist es einfach nicht besser geworden. Daher bin ich dann ein Jahr lang einfach gar nicht mehr aufgetreten. Ich dachte mir, dass ich lieber wieder ganz entspannt Musik mache, so wie ich es immer schon gerne für mich alleine gemacht habe. Ich habe mich dann aber immer weiter abgekapselt und wusste gar nicht mehr, welche Stücke gut oder schlecht waren. Aber so ist dann mein Album entstanden, mit allen Höhen und Tiefen und was sonst noch dazugehört.
Wie viel Zeit lag zwischen dem letzten und dem aktuellen Album, zwei Jahre?
Ja, deswegen musste mal ein Punkt gemacht werden. Damit dieses Jahr wenigstens wieder was rauskommt. Ich hatte ja auch einiges fertig und jetzt bin ich darüber auch ganz froh. Jetzt kann ich auch wieder ganz entspannt mit der Musik weitermachen.
Prinzipiell bist du ja schon jemand der einen hohen Output hat…
Hatte!
…und direkt nach dem ersten Album erschien ja die Compilation „Pearls and Embarassments“, woran man sah, wieviele Veröffentlichungen es bis dahin schon gegeben hat.
Nicht umsonst heißt sie ja Perlen und Peinlichkeiten, viele Sachen finde ich im Nachhinein auch peinlich. Allerdings nicht so peinlich, dass ich sie nicht hätte zusammen auf eine Platte packen wollen. Ich bin jetzt auch fein damit, aber letztendlich spricht doch mein in erster Linie erstes Album für mich – wo ich gerade bin und wo ich gerne hin möchte.
Bist du generell sehr perfektionistisch?
Das kann ich dir nicht sagen. Mit Perfektionismus hat das vielleicht gar nichts zu tun, es soll mir vor allem selber gefallen. Das tut’s auch meistens hier beim Machen, nur sobald man es dann jemandem vorführt, geht immer das große Gezittere los.
Hast du denn schon negative Kritik bekommen?
Eigentlich hab ich ziemlich viel Glück. Man will ja auch gar nicht das Schlechte richtig an sich heranlassen. Wenn dann aber mal einer mal was Schlechtes sagt oder man das im Internet liest, dann bricht immer gleich das ganze Kartenhaus an Selbstbewusstsein zusammen.
Über dieses Thema habe ich mich auch mit DJ Koze unterhalten. Das Phänomen dabei ist, dass Menschen, die mit ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit stehen, extrem viel Applaus bekommen können. Aber wenn einer etwas Negatives äußert, beschäftigt man sich damit viel länger und intensiver.
Leider glaubt man das dann auch manchmal. Und denkt sich vielleicht: „Du hast Recht! So sehe ich das auch!“
Aber so sollte es doch eigentlich nicht sein, auch wenn es extrem schwierig ist nicht so zu denken.
Man muss das richtig erlernen, weil es ja tatsächlich so ist, dass manche Leute einfach mal auf der halben Arschbacke ein Feedback abgeben und darüber gar nicht weiter nachdenken. Ich finde, dass das Allerwichtigste ist, dass man die Sache mit dem Herzen macht und alles Menschenmögliche reinpackt. Ich denke mir, es gibt wenige Ausnahmefälle, wo jemand was aus dem Ärmel schüttelt. Aber den meisten Sachen höre ich an, ob da jemand wirklich all sein Herzblut reingesteckt hat. In meinem Fall ist das so, ich stecke in meine Musik all mein mein Herzblut rein.
Wer kann denn was aus dem Ärmel schütteln?
Ich finde zum Beispiel Mr Oizo, der ist ein Knaller. Ob er jetzt einen Sample benutzt oder irgendwas selber bastelt. Es ist es wahrscheinlich so, dass er die Sachen ziemlich schnell macht. Dabei sind seine Sachen aber so entschlossen. Dieses Talent hab ich nicht. Ich wälze alles noch mal und noch mal durch. Es kann sein, dass manche Sachen dadurch an Spontanität verlieren, aber letztlich ist das meine Arbeitsweise.
Ich finde, dass ein Stück wie „Liu“ vom neuen Album einfach großartig ist und eine ganz eigene Stimmung erzeugt, die solche Schnellschüsse wie von Oizo nicht erzielen können. Wie ist dieses Stück zum Beispiel entstanden?
Das war mal so ein Glücksfall. Eine Idee gehabt, ein bisschen rumprobiert, wie es die Finger hinbekommen und dann durchgespielt. Dadurch ging dieses Stück tatsächlich mal ziemlich schnell. Vielleicht klingt es deswegen auch ein bisschen lockerer, das kann schon sein.
Dein Studio sieht aus wie man es vom ersten Plattencover kennt. Du hast auch ein auseinander genommenes Schlagzeug hier stehen, spielst du manchmal kurze Passagen oder Sounds damit ein?
Mal eine Hi-Hat, aber keine Bassdrum oder sowas. Klar probiert man immer mal rum, aber das Schlagzeug steht hier seit drei Jahren unzusammengebaut in der Ecke. Es gibt schon ein paar Sounds, die ich benutze um ein wenig Live-Feeling zu erzeugen. Das liegt ja immer an der Art des Stückes. Ich möchte zwar elektronisch klingen, aber auch immer mit ein bisschen…
Wärme?
Ja. Bei anderen kann mir aber auch eine nur elektronisch erzeugte Ästhetik total gefallen. Bei mir ändert sich das von Stück zu Stück, aber meistens endet es dann doch immer damit, dass ich noch irgendein Geklapper brauche oder noch einmal den echten Synthesizer anmache. Es ist auch lustig, es gibt die tollsten Synthesizer auf dem Computer. Ich drehe aber dann immer so lange rum, bis ich denke: naja, dann kann ich auch wieder meinen echten hier nehmen.
Das Mastering-Studio war begeistert vom Sound deines neuen Albums. Du arbeitest ja beim Mastering bzw. Mixing mit Jan Driver zusammen.
Er macht zwar Mastering, aber mit ihm mixe ich. Weil man dann irgendwann den Blick verliert, gehen wir dann zum Mastering zu Bo Kondren. Dass er gesagt hat, dass der Sound so gut ist, hat mich echt überrascht, weil das Zeug was ich anbringe ja tatsächlich immer schon sehr verbacken ist. Ich benutze leider für den Groove sehr viel Kompression. Tatsächlich mache ich die Musik teilweise falsch. Ich will immer, dass es schön in meinem Studio klingt, was leider manchmal sehr hart beim Mixen zu reproduzieren ist. „Die Bassdrum ist aber gar nicht mehr da, Moritz!“ „Ja, aber der Klang ist so schön warm unten.“ Wir müssen dann manchmal einen Kompromiss finden und ich war überrascht, dass Bo das Album so gut fand. Ich finde, es klingt insgesamt homogen. Das ist okay so. Beim Machen kümmere ich mich überhaupt nicht um den Sound, das ist einfach ein bisschen das Problem. Wenn ich beim Auflegen meine eigenen Sachen spiele und dann ein Stück von jemand anders reinmische, klingt das oft druckvoller. Gerade im Club fällt mir das auf. Aber wenn die Anlage gut ist, kann man die Leute mit einer warmen Packung umarmen.
Ist deine Musik denn generell immer Musik für den Club oder kann man sie sich nicht sowieso auch gut zuhause anhören? Nicht alle Platten, die man im Club hören kann, kann man sich auch zuhause anhören.
So geht es mir auch. Es gibt Stücke, die würde ich zuhause nicht mit dem Arsch angucken, aber wenn ich im Club stehe, staune ich, was diese für eine Kraft entfalten können – Wahnsinn! Ich sorge mich dann, dass ich nicht liefern kann, was das gerade liefert.
Aber das musst du doch auch nicht.
Das muss ich nicht, da hast du vielleicht auch Recht, aber es ist die einzige Möglichkeit meine Musik zu präsentieren. Ich kann ja nicht zu den Leuten ins Wohnzimmer kommen.
Und was wäre, wenn du dein Album als Live-Act präsentierst? Oder mit richtigen Musikern?
Ich hab mir jetzt das erste Mal einen Laptop gekauft, mit dem ich aber mehr oder weniger nur auflege. Ich kann die einzelnen Spuren meiner Stücke nicht noch einmal aufschlüsseln. Ich bin auch nicht in der Lage, mit meinem Lampenfieber mein Stück noch mal anders zu präsentieren und habe kein Gefühl für die Masse. Wenn die Leute glücklich sind, bin ich glücklich. Aber denen auch noch eine Live-Performance zu bieten, wäre mir zu anstrengend.
Ich sehe hier ein Keyboard mit dem Namen Enthusiast, ist das der Grund für deinen Albumtitel?
Nein, das hab ich mir gebastelt, das sollte ursprünglich das Albumcover werden, dann hab ich mir noch einen Siriusmo gebastelt. Es gab aber die Entscheidung, dass oben der Albumtitel und unten mein Name steht. Ich wollte immer schon so ein Keyboard, weil ich finde dass meine Schrift wie eine Keyboard-Schrift aussieht. Jetzt ist mein Fender Rhodes der Enthusiast.
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